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Rettet die Reste!

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Bild: © Sarah Krobath

Gerade waren es noch die Erdbeeren, jetzt sind es die Marillen. In Massen bevölkern sie meine Wohnung, sehen mich vorwurfsvoll an und warten wie Mauerblümchen am Schulball darauf, endlich zum Tanz mit dem Pürierstab aufgefordert zu werden und auf lockerem Biskuitteig Probe zu liegen. Die Marmelade ist fertig, aber der Kuchen? So viele reife Früchte und so wenig Zeit. Wie wenig, wurde diese Woche einer Bekannten von mir bei der Suche nach Gelierzucker zum Marmeladeeinkochen bewusst. Auf die Frage, ob es noch welchen im Lager gäbe, entgegnete die Supermarktverkäuferin bloß „Der Sommer ist vorbei“. Das sehen die Marillenbäume ganz anders. Ein paar unfreiwillige Obstbauern wissen sich angesichts des orangen Teppichs, der zunehmend ihren Garten auskleidet, offenbar nicht mehr zu helfen und werfen die süßen Schätze verzweifelt auf den Müll. Dass dort viel zu viele frische Lebensmittel landen, wissen wir spätestens seit Filmen wie „Taste the waste“. Auf einem Londoner Großmarkt sind es sogar 250 Tonnen wöchentlich – nicht etwa weil sie schlecht oder gar faul sind, sondern weil sie schlichtweg den Schönheitswettbewerb gegen makellose Artgenossen verlieren und ohnehin im Überfluss vorhanden sind. Diese Verschwendung schlug Jenny Dawson auf den Magen. Seit 2011 nimmt sich die Engländerin verstoßener Früchte und Gemüse an und gibt ihnen als Birne-Walnuss-Chutney, Würziges Mangochutney oder Karamellisierte Rote Zwiebeln eine zweite Chance.

Bild: © Rubies in the Rubble

Und nicht nur ihnen – unter dem Motto „What you put into life is what you get out“ schafft Rubies in the Rubble Arbeitsplätze für Unterprivilegierte und Menschen, die mit ihrem Wiedereinstieg in die Arbeitswelt zu kämpfen haben. In Teamarbeit füllen sie jede Woche rund 200 Gläser mit eingekochten saisonalen Zutaten ab, die anschließend auf dem Londoner Borough Market verkauft werden. Ihrem Ziel, „das Ben & Jerry’s der Chutney-Welt“ zu werden, sind sie mit der Reihung unter „Britain’s 50 new radicals“ – einer Liste des Observers mit fünfzig inspirierenden Briten – bereits einen großen Schritt näher gekommen. Übermäßigen Konsum und frische Lebensmittel, die in die Tonne wandern, gibt es aber nicht nur in England. Kreative Menschen mit Eigeninitiative zum Glück auch nicht: So geht es in Österreich diesen Sommer mit Zero Waste Jam ans Eingemachte. The Good Tribe Gründerin Evelina Lundqvist möchte mit ihrer Initiative der zunehmenden Entfremdung von Lebensmitteln entgegenwirken und Jugendlichen die Möglichkeit bieten, sich als UnternehmerInnen zu entwickeln. Der erste große Auftritt bei der Fair Fair von Biorama – Magazin für nachhaltigen Lebensstil, lief dank farbenfrohen Gläser mit Bratapfelmus, Rhabarber-, Himbeer- und Stachelbeermarmelade schon mal wie geschmiert. Die Zutaten dafür stammen von Spendern, ähnlich wie beim Londoner Pendant von verlassenen und überschüssigen Beständen, ihren eigenen Gärten und wild wachsenden Pflanzen. Dass es davon auch in der Stadt eine ganze Menge gibt, zeigt die Web-Plattform Mundraub.org.  Auf der interaktiven Karte kann man sich schlau machen, wo in der eigenen Umgebung herrenloses Obst, Nüsse, Kräuter und Beeren darauf warten, geerntet und zum Beispiel eingekocht zu werden. Der Gedanke dahinter ist im Grunde derselbe, wie das Prinzip von Zero Waste Jam: Use what you have. In diesem Sinne: An die Reste, fertig, los!

Bild: Evenlina Lundqvist © Zero Waste Jam



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